Endoparasiten

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Im Folgenden eine Kurzbeschreibung der für das Pferd wichtigen Endoparasiten.

Rundwürmer (Nematoden)

Bei den Rundwürmern gibt eine Anzahl verschiedener Vertreter, denen ein gewisses Verhalten gemeinsam ist:

  • Erwachsene Würmer legen im Darm Eier
  • die Eier werden mit dem Kot ausgeschieden
  • gelangen in Erdboden/Stallstreu
  • entwickeln sich zu Larvenstadien
  • ein bestimmtes Stadium (Nr. 2/3) ist infektiös
  • wird gefressen und gelangt so in den  Darm des Pferdes
  • Weiterentwicklung über Larve 4/5
  • zum erwachsener Wurm
  • Zyklus geschlossen

Zu den Rundwürmern gehören u. A. die Strongyliden, Spulwürmer, Zwergfadenwürmer und Lungenwürmer.

 

Kleine Strongyliden bzw. kleiner Palisadenwurm (Cyathostominae)

Die kleinen Strongyliden sind die inzwischen bedeutendsten aber auch problematischten Endoparasiten für das Pferd geworden, da sie sehr weit verbreitet sind und sich umfangreiche Resistenzen gegen die verfügbaren Medikamente entwickelt haben.

Beschreibung:
0,4 bis 2,6cm lang, weißlich, lebt im Blind- und Dickdarm, entwickelt sich in der Darmwand und kehrt dann wieder in den Darm zurück und frisst  hier die Darmschleimhaut an. Folgen der Schädigung sind Blutungen, Zerstörung der Schleimhaut, Durchfall, Kolik, Appetitlosigkeit, Abmagerung,... Besonders problematisch ist die Phase der Einkapselung in der Darmwand, wenn dies in großem Umfang geschieht, da hierdurch schwere Darmerkrankungen bzw. Durchfälle hervorgerufen werden können. Die Ansteckung erfolgt auf der Weide oder über das Futter bzw. auch das Ablecken der Boxenwände. Überwinterung auf der Weide ist möglich. Kleine Strongyliden sind aber auch in der Lage im Darm des Pferdes als Larve zu “überwintern”. Sie verweilen dabei bis zu mehrere Monate  weitgehend inaktiv eingekapselt in der Darmwand des Dickdarms. Zum Ende des Winters wandern die Larven dann in das Innere des Darms, wobei sie den Darm schädigen. Der einzige praktikable Wirkstoff gegen diese Larvenstadien ist Moxydectin. Bei massivem Befall überwinternder Larven führt die plötzliche  Abtötung einer großen Zahl von Erregern durch Moxydectin u. U. ebenfalls zu Krankheitserscheinungen.

  • Larven: keine Körperwanderung
  • aber: Zwischenstadien in der Darmwand
  • Schäden: Durchfall, Apathie, Krämpfe, Konditionsverlust
  • schnelle Entwicklung: 5 - 12 Wochen
  • „Wurmgipfel“ im Juli/August
  • Infektion im Herbst führt zur Überwinterung in der Darmschleimhaut
  • verbreitete Resistenzbildung gegenüber Benzimidazolen 

Kleine Strongyliden

Wegen der zunehmenden Ausscheidung von Eiern der kleinen Strongyliden im Sommer nimmt die Verwurmung im Sommer besonders zu.

Zahl der ansteckungsfähigen Larven kleiner Strongyliden  im Gras einer Weide ohne Entwurmung der Pferde. Deutlich sichtbar ist der massive Anstieg der Verwurmung im Sommer.

 

Spulwurm (Parascaris equorum)

Der Spulwurm ist neben den kleinen Strongyliden der Hauptproblemparasit der Fohlen. Bei erwachsenen Pferden spielt er wegen einer Immunitätsbildung keine Rolle. Auch hier hat ein Resistenzbildung stattgefunden, wodurch die sonst effektiven Wirkstoffe Ivermectin und Moxidectin gegen diese Parasiten unbrauchbar geworden sind.

Beschreibung:
15 bis 20 cm lange, bleistiftdicke gelbliche Würmer. Die Larven wandern durch den Körper (Leber und Lunge) und kehren dann in den Dünndarm zurück. Neben den Schäden auf dem Wanderweg kann es bei massivem Befall bei Fohlen auch zu tödlich endenden Verstopfungen mit den Würmern kommen. Im Darm leben sie von der Darmschleimhaut und richten entsprechende Darmschäden an mit Reizung und Entzündung des Darmes. Spulwurmeier sind sehr zäh, weshalb im Stall nur eine Desinfektion wirklich wirksam ist.

  • bei Fohlen und Jährlingen
  • Immunitätsbildung ab 1./2./3. Lebensjahr
  • Eier in der Außenwelt sehr widerstandsfähig
  • Larven mit Körperwanderung
      • Leber, Lunge, Darm
  • Schäden durch wandernde Larven
      • Blutungen, Ödeme, Husten
  • Schäden durch adulte Würmer
      • Durchfall, Darmentzündung, Koliken und Verstopfung durch die Parasiten (siehe Bild unten)
  • Entwicklung: 3 - 4 Monate
  • Wirkstoff: Benzimidazole

                                               Spulwurmbefall beim Fohlen

Zwergfadenwurm (Strongyloides westeri)

Auch dies ist ein Parasit, der nur beim Fohlen eine Rolle spielt, da sich relativ schnell eine Immunität entwickelt. Die Infektion erfolgt über die Muttermilch der Stute ab dem 4. Tag nach der Geburt bis etwa 6 Wochen nach der Geburt. Durch Ivermectinverabreichung an die Stute kurz vor oder nach  der Geburt lässt sich die Infektion gut kontrollieren. Die schädigende Wirkung ist gegenüber anderen Darmparasiten eher gering.

  • im Magen von Fohlen
  • erwachsene Pferde: Immunität (ab ~ 6. Monat)
  • Infektion: über Muttermilch, Aufnahme über die Einstreu, Penetration durch die Haut
  • Entwicklung: nur ungefähr 10 Tage!
  • Durchfall, Entwicklungsstörungen
  • Therapie: optimal Stute kurz vor/direkt nach Geburt behandeln
  • Fohlenbehandlung: bei hohem Infektionsdruck
  • Wirkstoff: Ivermectin

 

Lungenwurm (Dictiocaulus arnfieldi)

Lungenwurminfektionen sind in unseren Pferdebeständen nur selten ein Problem und lassen sich gut behandeln.

Beschreibung:
2,5 bis 7 cm lang, dünner Wurm, lebt in der Lunge und wird in der Regel nur von Eseln übertragen. Symptome einer Atemwegserkrankung treten auf. Aufnahme der abgehusteten Eier über das Futter bzw die Einstreu.

  • Infektion mit Larven über das Maul
  • Larvenwanderung: Lymphbahnen, Blutweg, Lunge
  • erwachsene Würmer in den Bronchien
  • beim Pferd selten
  • häufiger bei (Import-) Eseln
  • gemeinsame Haltung Pferd und Esel
      • kein Problem
      • beide entwurmen
      • Wirkstoff: Ivermectin

 

Große Strongyliden, Blutwurm bzw. großer Palisadenwurm (Strongylus vulgaris)

Vor der Einführung moderner Medikamente gegen Endoparasiten des Pferdes in der Mitte des letzten Jarhunderts war Strongylus vulgaris der Endoparasit mit dem größten Schadenspotential. Durch den umfangreichen Einsatz der Anthelmintika  und den langen Entwicklungsyklus ist dieser Endoparasit inzwischen so gut wie ausgerottet und spielt keine Rolle mehr.

  • Beschreibung:
    1,5 bis 2,5 cm lang, rotbraun, lebt im Blind- und Dickdarm, die Larven durchwandern das Gefäßsystem des Darmes.
  • Dieser Endoparasit ist für Koliken und Gefäßschäden verantwortlich und somit sehr gefährlich. Die Ansteckung erfolgt auf der Weide oder über das Futter bzw auch das Ablecken der Boxenwände. Überwinterung auf der Weide ist möglich.
    • Schäden durch adulte Würmer
        • Durchfall
        • Appetitverlust, Abmagerung
    • Larvenschäden
        • wanderne Larven schädigen die Wand der Darmarterien durch Thrombenbildung
        • erhöhtes Kolikrisiko
    • Entwicklung: 6 - 11 Monate

                                             Große Strongyliden

 

Bandwürmer (Cestoden)

Pferde spezifische Bandwürmer (Anaplocephala perfoliata) kommen, besonders bei Weidehaltung, sehr häufig vor und dürfte in manchen Gebieten eine Durchseuchung von 60% der Bestände erreichen. Die Entwicklung ist an Zwischenwirte wie  Staubläuse oder der Moosmilbe gebunden. Da meistens nur ein schwacher Bandwurmbefall vorliegt, sind klinische Erscheinungen wie Kolik oder Durchfall selten. Es kommt aber zu Entzündungen der Schleimhaut an der Anheftungsstelle im Blinddarm bzw. der Hüft-Blinddarmklappe. Die Bandwürmer nehmen über ihre Körperoberfläche Nahrungsbestandteile aus dem Darm des Pferdes auf  und sind somit regelrechte Mitesser und führen somit zu einem erhöhten Futterbedarf und schlechtem Aussehen der Pferde. Im schlimmsten Falle kann es an der Anheftungstelle der Bandwürmer an der Darmschleimhaut zu Geschwürbildungen bis zum Durchbruch in die Bauchhöhle kommen, was den Tod des Pferdes zur Folge hat.  Alters und Geschlechtsunterschiede bestehen beim Zestodenbefall nicht. In einer Grafik wird der Zyklus dargestellt.  Der Nachweis im Kot ist unsicher da die Ausscheidung der Proglottiden , es handelt sich um Abschnitte der Bandwurmkette, nicht kontinuierlich sondern stoßweise stattfindet. Eier werden nicht nachweisbar ausgeschieden, da sie eingehüllt mit den Proglottiden abgehen. Mindestens 2 von 3 Kotuntersuchungen „auf Bandwurm“ sind „falsch-negativ“ Grundsätzlich ist bei jedem Pferd mit Bandwürmern zu rechnen - auch zur Stallzeit wegen Moosmilben im Heu, wenn dieses von verseuchten Weiden stammt.
Die Bekämpfung ist  durch Praziquantel  gut möglich.

  • Erwachsene Würmer: reife Querglieder mit Eiern darin
  • in den Eiern: Onkosphären (Embryos)
  • reife hintere Glieder: lösen sich vom Wurm
  • gehen mit dem Kot ab
  • zerfallen meist erst in der Außenwelt
  • Moosmilben (Zwischenwirt!): nehmen die Eier auf
  • Onkosphäre schlüpft in der Milbe
  • bildet infektionsfähiges Stadium (Zystizerkoid)
  • Pferde fressen Milben mitsamt Zystizerkoiden
  • Infektion und Auswachsen zum erwachsenen Wurm
  • Zyklus geschlossen
  • Bandwürmer

Magendasseln(Gastrophilidae)

Das Auftreten der kleine gelbe Eier vor allem an die Pferdebeine klebenden Dasselfliegen hat zumindest in unserem Praxisgebiet stark abgenommen, da die Bekämpfung mit Ivermectin und Moxydectin sehr wirksam ist.

Beschreibung:
Die aus den am Pferdekörper abgelegten Eiern schlüpfenden Larven dringen in die  Schleimhaut ein (Ablecken), entwickeln sich dort zur zweiten Larve und suchen dann ihren spezifischen Sitz bevorzugt im Magen auf. Nach einer 8-10 Monate dauernden Entwicklung im Tier erfolgt die Ausscheidung der reifen Larven mit dem Kot in den Monaten Mai/Juni . Im Kot oder Erdboden verpuppen sich die Larven, und schlüpfen innerhalb von 30-40 Tagen zu den geschlechtsreifen Bremsen bzw Dasselfliegen.

Es kommt zu Entzündungen der Schleimhaut, Anämie, Abmagerung und Leistungsabfall der Pferde, Magenschmerzen und Kolik.

Ein parasitologischer Nachweis aus dem Kot ist nicht möglich, über eine Gastroskopie (Magenspiegelung) kann ein direkter Nachweis geführt werden.

  • Erwachsene Dasselfliege: Eier auf Fell der Pferde
      • Beine, Mähne, Bauch
      • Juli bis September/Oktober
  • es schlüpft eine infektiöse Larve (Larve 1)
  • wird vom Pferd durch Fell-Lecken aufgenommen
  • entwickelt sich zur Larve 2
  • diese sucht den Magen auf wird dort zur Larve 3
  • L 3 über Kot im Frühsommer auf Weide
  • Verpuppung im Boden
  • neue Fliegengeneration legt Eier an die Pferde
  • Zyklus geschlossen

Bekämpfung:

Das Auftreten der Bremsen und damit der Eiablage im Sommer kann durch die Behandlung im Winter entscheidend beeinflusst werden. In den Monaten Dezember bis März erreichen die Larven im befallenen Tier ihre artspezifischen Siedlungsorte, wo sie leicht und gefahrlos für das Pferd bekämpft werden können. Moderne Wurmmittel bekämpfen auch schon die Wanderlarven und verhindern bei frühzeitigem Einsatz (wenn die Dasselfliegen durch die Kälte nicht mehr fliegen) Schäden auf dem Wanderweg in die Organe.

  • Wichtig:
  • Behandlungszeitpunkt: Ende Oktober/Anfang November!
  • nicht zu lange warten (nicht bis Dezember!)
  • nach Bedarf(viele Larven/Fliegen): zweiter Termin im Januar
  • mechanische Entfernung der Eier
  • Dassellarven im Magen

Die Photos und Diagramme wurden freundlicher weise von der Firma VIRBAC zur Verfügung gestellt


Der Autor übernimmt ausdrücklich keine Haftung für aus diesen Seiten abgeleitete Maßnahmen, für angegebene Dosierungen, Nebenwirkungen oder Schäden in Folge der Anwendung von Präparaten oder Maßnahmen. Die Dosierung ist im Einzelfall zu prüfen. Die Präparate dürfen nur von Tierärzten angewandt werden. Die Zulassung der Präparate für das Pferd ist im Einzelfall zu prüfen. Nicht für das Pferd und für die jeweilige Indikation zugelassene Medikamente anzuwenden ist strafbar.


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