Erschöpfung

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Anzeichen und Symptome von Erschöpfung und Überanstrengung des Pferdes

Bei Ausdauerleistungen, vor allem bei feuchter und heißer Witterung, steigt der Energieumsatz des Pferdes um das 10 bis maximal 20-fache über den Grundumsatz, was einen entsprechenden Anstieg der Hitzeproduktion zur Folge hat.

Pro Energieeinheit, die für die Muskelarbeit verbraucht wird, müssen 4 Energieeinheiten zum Abtransport der bei der Muskelarbeit entstehenden Wärme abgeführt werden.

Die normale Körpertemperatur beträgt 37 bis 38°C. Bei hoher Belastung steigt die Körpertemperatur auf 39° bis 40°C an. Temperaturen über 40,5°C sind gewebeschädlich und behindern die normalen Zellfunktionen bis hin zur Zellzerstörung bei Temperaturen über 41°C.

Hohe Körpertemperaturen bewirken eine hohe Schweißsekretion mit der Folge eines hohen Flüssigkeitsverlustes und einem entsprechend hohem Elektrolytverlust. Bei einem Distanzritt werden 7- 8 Liter pro Stunde verloren.

Bei zu großem Flüssigkeit- und Elektrolytverlust kommt es zuerst zum Leistungsabfall später zur Erkrankung und potentiell tödlichen Folgen.

Wege Wärme abzubauen:

Abstrahlung (Konvektion): Funktioniert solange die Temperatur des Pferdes höher ist als die Umgebungstemperatur. Wind bzw. Ventilation verstärkt die Abkühlung.

Verdampfung: Beim Verdampfen des Schweißes wird Wärme abgeführt. Je trockener die Umgebung desto effektiver die Abkühlung.

Atmung: Das Pferd regelt etwa 15% der Wärmeabgabe über die Atmung. Erhöhung der Atemfrequenz steigert die Abkühlung.

Zusätzliche Maßnahmen zur Abkühlung erhitzter oder überhitzter Pferde (Temperatur über 40°C oder darüber und hohe Umgebungstemperaturen):

Kühlung mit kaltem Wasser oder Eiswasser. Mit Schwämmen wird das kalte Wasser auf alle Körperteile aufgebracht, besonders in der Lenden/Kruppenregion, da hier die meiste Muskelmasse sitzt. Nach einer halben Minute mit Schweißmesser abziehen und erneut Wasser auftragen. Die Pferde nur so kurz wie möglich dazu anhalten, nach Möglichkeit im Schritt weiterführen. Die Bewegung hält die Zirkulation besser in Gang und es wird ein geringer Luftstrom erzeugt. Wenn möglich Schatten aufsuchen. Geringe Mengen ungekühltes Wasser zum Trinken anbieten.

Wenn die Körpertemperatur 38-39°C erreicht hat, sich die Haut kühl anfühlt und die Atemfrequenz unter 30 Atemzüge pro Minute heruntergekommen ist, kann das Abkühlen abgeschlossen werden.

Zeichen für Überanstrengung:

  • Herzfrequenz: Eine Herzfrequenz über 60-70 Schläge pro Minute 30 Minuten nach Ende der Belastung ist ein Anzeichen für Überanstrengung.
  • Atemfrequenz: Eine Atemfrequenz von über 40°C Atemzügen pro Minute 30 Minuten nach Ende der Belastung ist ein Anzeichen von Überanstrengung. Ein klares Alarmzeichen ist es, wenn die Atemfrequenz nach 30 Minuten höher ist als die Herzfrequenz!
  • Temperatur: Die Temperatur sollte nach 20 bis 30 Minuten an Normwerte herankommen. Bei einem Abfall der Körpertemperatur um 1°C pro 10min liegt eine normale Abkühlrate vor.
  • Ganz gefährlich ist es wenn der die Schweißproduktion zurückgeht und die Temperatur weiter steigt!
  • Austrocknung: Trockene Schleimhäute bzw. ein hoher Haematokrit.
  • Nachlassen der Kreislauffunktion: Erhöhung der Kapillarfüllungszeit auf über 3 Sekunden
  • Überhitzung des Gehirns: Schwankender Gang, Krämpfe, gestörtes Verhalten
  • Allgemeinbefinden: Verweigerung von Wasser und Heu nach der Beruhigungsphase
  • Nachlassen der Darmfunktion: Fehlen von Darmgeräuschen
  • Schädigung des Herzmuskels: Herzrhythmusstörungen

Richtwert Tabelle

 

Puls (P)

Atmung (A)

Rate P/A

 

Absolute Ruhe

28-40

6-16

 

 

Normal in Ruhe

32-48

12-24

 

 

Norm Wert

~ 48

~12

4/1

 

Leichte Arbeit

60

30

2/1

 

Mittlere Arbeit

70

70

1/1

Bei 100P und 100A Gefahr

Schwere Arbeit

80

120

1/1,5

Umkehrwehrt

Erschöpfung

80

160

1/2

Überanstrengung

Absoluter max. Wert

~260

160

 

 

Wen immer der Verdacht einer Überanstrengung vorliegt, muß möglichst rasch ein Tierarzt hinzugezogen werden, um eventuell erhebliche und lebensbedrohliche Schäden zu vermeiden.


Der Autor übernimmt ausdrücklich keine Haftung für aus diesen Seiten abgeleitete Maßnahmen, für angegebene Dosierungen, Nebenwirkungen oder Schäden in Folge der Anwendung von Präparaten oder Maßnahmen. Die Dosierung ist im Einzelfall zu prüfen. Die Präparate dürfen nur von Tierärzten angewandt werden. Die Zulassung der Präparate für das Pferd ist im Einzelfall zu prüfen. Nicht für das Pferd und für die jeweilige Indikation zugelassene Medikamente anzuwenden ist strafbar.


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