Kastration

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Methoden:

Bei der Kastration von Hengsten kommen drei verschiedene Methoden zur Anwendung:

  • - Kastration am sedierten stehenden Pferd, offene Kastrationswunde
  • - Kastration in Kurznarkose, offene Kastrationswunde
  • - Kastration in Vollnarkose mit Wundverschluß
  • Die drei Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der Risiken für Pferd und Operateur, sowie in den anfallenden Kosten.

    Kastration am stehenden Pferd:

    Aus medizinischen und rechtlichen Gründen ist diese Methode nicht mehr zeitgemäß und wird deshalb von uns nicht mehr durchgeführt.

    Kastration in Kurznarkose:

    Bei dieser Methode wird das Pferd nach Sedierung mittels intravenöser Kurznarkose im nicht sterilen Umfeld abgelegt. Das Operationsfeld wird soweit den Umständen entsprechend möglich, desinfiziert, die Kastration unter Ligatur (Abbinden des Samenstranges) durchgeführt. Ein Wundverschluß findet nicht statt.

    Risiken und Komplikationen:

    Auf Grund der Tatsache, daß die Wunde nicht verschlossen wird, besteht ein hohes Risiko einer Wundinfektion der offenen Operationswunde mit der nachfolgenden Ausbildung einer Samenstrangfistel. Eine Samenstrangfistel muß in aller Regel in Vollnarkose nachoperiert werden. Ein weiteres Risiko bei dieser Methode stellt die Eröffnung der Bauchhöle mit der Möglichkeit eines Darmvorfalls durch die nicht verschlossene Operationswunde dar. Die Komplikation des Darmvorfalls endet in der Regel tödlich wenn nicht schnell genug eingegriffen werden kann (Operation in Vollnarkose). Ein weiteres Risiko stellen Blutungen dar, da bei dieser Methode Gefäße unter Umständen nicht ausreichend ligiert (abgebunden) werden. Auch in diesem Fall ist in der Regel eine Notoperation in Vollnarkose notwendig. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Komplikationen der oben beschriebenen Art nimmt mit dem Alter des Pferdes zu. Das Narkoserisiko (tödlicher Herz- oder Atemstillstand, Verletzungen beim Niederlegen und Aufstehen, Venenschäden) ist relativ gering abgesehen davon, daß nicht in allen Fällen eine ausreichende Narkosetiefe für einen reibungslosen Eingriff ermöglicht wird. Das Aufstehrisiko hängt von der jeweiligen Umgebung ab.

    Kastration in Vollnarkose:

    Durch die Entwicklung aktueller Kastrationsmethoden ist die Kastration in Vollnarkose die sicherste Methode. Ab einem Alter von 3 Jahren sind andere Verfahren nach heutigem Stand nicht mehr angebracht. Die Operation findet in Vollnarkose (Gasnarkose) unter sterilen Bedingungen im Operationsraum der Klinik statt. Die Operationswunde wird nach Ligation (abbinden des Samenstranges) verschlossen. Das Nahtmaterial muß nicht entfernt werden. Die Pferde können nach 2- 3 Tagen wieder geritten werden.

    Risiken und Komplikationen:

    Die oben genannten Risiken bezüglich Infektion, Darmvorfall und Blutung sind wesentlich geringer. Wundschwellungen finden so gut wie gar nicht oder im wesentlich geringerem Ausmaß statt. Im Falle eines zu großen Leistenspaltes kann dieser unproblematisch intraoperativ verschlossen werden, so daß das Risiko des Darmvorfalls weiter verringert werden kann. Im Falle eines Darmvorfalls fällt der Darm auf Grund des Wundverschlußes nicht auf den Boden, so daß eine operative Rettung möglich ist. Das Narkoserisiko (tödlicher Herz- oder Atemstillstand, Verletzungen beim Niederlegen und Aufstehen, Venenschäden) ist gegenüber der Kurznarkose nur unwesentlich größer. Das Aufstehrisiko ist bedingt durch das Umfeld der Aufwachbox reduziert. Diese Kastrationsmethode ist aus Sicherheitsgründen allen anderen Methoden vorzuziehen. Das Infektionsrisiko bei der Kastration in Vollnarkose ist nicht größer als bei einer normalen Operation. Die Dauer der Operation und der chirurgische Aufwand ist beim Verschluß des Leistenspaltes erhöht.

    Risiko der Kastration bei älteren Hengsten:

    Hengste im Alter von mehr als 6 Jahren sind bereits an ihren Hormonspiegel gewöhnt. Durch eine Kastration kommt es zu einem abprupten Abbruch der Hormonproduktion, was zu Hormonmangelerscheinungen führen kann. Diese äußern sich in Mattigkeit , Freßunlust bis hin zur Selbstaufgabe. Temperament und Ausstrahlung können vollständig verloren gehen. Bei Auftreten derartiger Probleme muss durch eine Hormongabe über den Tierarzt der Hormonspiegel langsam gesenkt werden.

    Kryptorchide Hengste:

    Liegen die Hoden bei einem Kryptorchiden inguinal (im Leistenspalt) so entspricht die Operation der Kastration in Vollnarkose. Beim Vorliegen von abdominalen (in der Bachhöhle liegenden) Hoden ist das Risiko erhöht und die Kastration entspricht einer Bauchhöhlen Operation. Es kann nicht garantiert werden, dass der Hoden in der Bachhöhle gefunden wird. Es gibt die Möglichkeit durch Laparoskopie den Hoden aus der Bauchhöhle zu entfernen. Die gesamte tierärztliche Leistung bei der Kastration eines Kryptorchiden wird im Rahmen eines Dienstvertrages erbracht.


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