Stosswellentherapie

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Die Technologie der Stoßwellentherapie kommt ursprünglich aus dem Bereich der Nierensteinzertrümmerung und wurde an den Einsatz in der Orthopädie adaptiert. Als man im Rahmen von klinischen Sicherheitsstudien als Nebeneffekt bemerkte, daß bei Nierensteinzertrümmerung beim Menschen die Knochendichte des Beckens im Behandlungsbereich zunahm, lag er Gedanke nahe einen therapeutischen Einsatz in der Orthopädie zu versuchen. Der erste orthopädische Einsatz war bei nicht heilenden Frakturen in der Humanmedizin. Es zeigte sich, daß nicht heilende Frakturen auf die Stoßwellentherapie sehr gut ansprachen. Inzwischen ist die Stoßwellentherapie in der Humanmedizin für diverse orthopädische Erkrankungen inkl. Tennisellenbogen ein etabliertes Heilverfahren.

Die Stoßwellentherapie basiert auf der Verabreichung von Ultraschalldruckwellen mit sehr hoher Amplitude und sehr steilem Anstieg. Es gibt verschiedene Verfahren um therapeutsiche Stoßwellen zu erzeugen.

  1. Elektohydraulisch: Verdampfung von Flüssigkeit zwischen einer Art Zündkerze
  2. Piezo elektrisch :   Ausdehnung von Piezo- elektrischen Kristallen
  3. Elektromagnetisch :Membranvibration mittels elektrischen Stroms

Bei diesen drei Verfahren wird die Stoßwelle fokussiert und trifft dadurch gebündelt in einer definierten Tiefe auf den Behandlungsort im Gewebe. Gewebe, das außerhalb des Focuspunktes des Gerätes liegt, wird von der Stoßwelle nur wenig beeinflußt. Bei dem vierten Verfahren, der radialen Stoßwelle, wird die Druckwelle pneumatisch erzeugt, wobei eine Fokussierung nicht stattfindet und die Stoßwelle sich ungerichtet im Gewebe ausbreitet. Die Parameter einer solchen Stoßwelle sind deutlich unterschiedlich von Stoßwellen der ersten drei Verfahren. Auf Grund der wesentlich einfacheren Technik und des geringeren Verschleißes ist die radiale Stoßwellentechnologie wesentlich preisgünstiger in der Anschaffung und Anwendung, scheint aber in der anders gearteten Stoßwellencharakteristik wesentlich weniger wirksam zu sein.

Der therapeutische Wirkungsmechanismus der Stoßwellentherapie wird bis jetzt weder in der Human- noch in der Tiermedizin wirklich verstanden. Es wurde lediglich festgestellt, daß gewisse Gewebshormone auf Grund der Stoßwellentherapie freigesetzt werden und daß in Folge dessen neue Gefäße gebildet werden und Knochen umgebaut wird, was sich bei Knochenheilungsstörung oder Verletzungen der Sehnenanheftungsstellen am Knochen positiv auf die Heilung auswirkt.

Beim Pferd wurde die Effektivität von Stoßwellentherapie in Studien an verschiedenen Erkrankungen überprüft, unter anderem bei Spat, Insertionsdesmopathie des Fesselträgers, Streßfrakturen und bei speziellen Veränderungen im Strahlbeinbereich. Darüber hinaus kommt Stoßwelle bei zahlreichen anderen Erkrankungen in Frage wie allen arthrotischen Veränderungen der Gelenkskapsel, allen Insertionsdesmopathien inkl. der am Rücken und subchondralen Knochenzysten. Wir konnten unter anderem bei stark wuchernden Überbeinen, nicht heilenden Griffelbeinfrakturen und verschiedenen Bandansatzproblemen aber auch bei speziellen Strahlbeinproblemen erstaunliche Therapieresultate erzielen.

Als positiver aber auch negativer Nebeneffekt tritt nach Stoßwellentherapie eine vorübergehende Schmerzreduzierung im Behandlungsgebiet auf, die bis zu einer Woche anhalten kann. In der Folgezeit nimmt die Schmerzhaftigkeit entsprechend dem aktuellen Heilungszustand wieder zu. In der Regel tritt keine vollständige Schmerzausschaltung wie bei einer Anästhesie ein aber es kommt zumindest zu einer deutlichen Reduzierung der Schmerzwahrnehmung. Der Mechanismus dieser Schmerzreduzierung ist noch nicht bekannt, vermutlich beruht er aber auf einer Beeinträchtigung der Übertragungsfähigkeit von sensorischen Nerven infolge der Stoßwellentherapie. Wegen dieses Nebeneffekts der Stoßwellentherapie ist der Einsatz vor einem Wettkampf nicht gestattet. Die FEI verbietet den Einsatz von Stoßwellentherapie 5 Tage vor einem Turnier. Sonstige schädliche Nebenwirkungen konnten bislang nicht nachgewiesen werden

In der Regel erstreckt sich die Therapie auf ein bis drei Anwendungen im Abstand von jeweils zwei bis vier Wochen, wobei der Heilungsfortschritt bzw. die weitere Therapienotwendigkeit je nach Gewebe mittels Ultraschall oder Röntgenkontrolle überprüft werden kann.

Auch wenn wissenschaftlich noch wenig zur Stoßwellentherapie geklärt wurde, ist die Effektivität vor allem der focusierten Stoßwelle klar belegt und als medizinisches Heilverfahren in der Human- wie in der Veterinärmedizin fest etabliert.

In unserer Klinik wird ein focussiertes Stoßwellengerät der Firma HMT verwendet. Auf der Webseite der Firma HMT finden sich weitere Informationen.

 


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