Verschlag - PSSM-  RER

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Verschlag, Kreuzverschlag, Feiertagskrankheit, Tying up, Rhabdomyolyse oder Lumbago sind die traditionellen Bezeichnungen für Muskelerkrankungen der Pferde.

Wie man inzwischen weiß, gibt es verschiedene Muskelerkrankungen, die diese Bezeichnungen aber nicht widerspiegeln. Die Symptome gleichen sich, die Ursachen unterscheiden sich. Das Ausmaß eines Verschlages kann sehr unterschiedlich sein.  Das Spektrum reicht von für den Reiter praktisch nicht wahrnehmbar bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen.

 

Symptome: 

Im günstigsten Fall merkt der Reiter gar nichts, nur Laborwerte würden etwas anzeigen. Bei zunehmender Schwere der Störung bemerkt man  vor allem in der Hinterhand eine Steifheit, dann Bewegungsunwilligkeit bis hin zur absoluten Unfähigkeit sich zu bewegen. Im Extremfall kann das Pferd keinen Schritt mehr laufen, knickt in der Hinterhand ein und kommt zum Festliegen. In diesen Fällen ist es oft schwierig, einen Verschlag von einer Kolik zu unterscheiden, da sich die Symptome für einen Laien gleichen. In solch einem Stadium wird das Pferd von extremen Schmerzen geplagt, während es im günstigsten Fall nur leichte Muskelschmerzen verspürt, wie wir es von einem geringen Muskelkater bei uns selbst kennen. Im Gegensatz zur Kolik wird sich das Pferd aber nur relativ still hinlegen. Es versucht sich nicht zu wälzen, weil dies mit Schmerzen verbunden ist. Die betroffenen Pferde  schauen sich aber häufig wie bei einer Kolik nach hinten zum Ort des Schmerzgeschehens um oder flehmen als Ausdruck des Schmerzes. Ein sehr starker Kreuzverschlag kann aber auch mit anderen Krankheiten verwechselt werden, die mit hochgradigen Schmerzen einhergehen. Zu den Differenzialdiagnosen gehören Beckenbrüche, Thrombosen der Hinterhandarterien, Harnröhrensteine und eine Tetanusinfektion.

Als Reiter erwartet man, dass bei einem Verschlag die Muskulatur fühlbar hart und schmerzhaft wird. Dies ist aber je nach Verlauf und Schweregrad der Erkrankung nicht immer der Fall und somit kein sicheres Anzeichen. Bei den schweren Verläufen wird die Muskulatur  bretthart, sie schwillt an und wird auf Druck extrem empfindlich. Die Pferde schwitzen besonders in den betroffenen Gebieten und die Körpertemperatur steigt auf fieberhafte Werte an. Wegen der Schmerzen erscheint die Atemtätigkeit gepresst,  Atemfrequenz und Puls steigen, das Pferd zeigt einen angstvollen Gesichtsausdruck. In solch´ schlimmen Fällen färbt sich der Harn zu einer Cola ähnlichen Farbe, was als Katastrophensignal gewertet werden muss. Denn nun drohen über den Muskelschaden hinaus auch dramatische lebensgefährdende Schäden an der Niere.

 Bei den milderen Verlaufsformen fehlen alle diese klassischen, gravierenden  Symptome, weshalb auch für Tierärzte die exakte Diagnose eines solchen Stadiums schwierig ist. Das weitaus sicherste und zuverlässigste Indiz für eine Muskelstoffwechselstörung ist der Anstieg der Muskelenzyme. Da beim Verschlag Muskelzellen zerfallen, werden Enzyme aus den Zellen freigesetzt, wobei die Höhe der gemessenen Muskelenzyme sehr genau mit dem Grad der Erkrankung übereinstimmt. Der Tierarzt wird also immer bei dem Verdacht auf eine Muskelstoffwechselstörung bzw. einen Verschlag eine Blutprobe nehmen und die Höhe der Muskelwerte bestimmen. Aber Vorsicht! Nicht jede kleine Erhöhung über dem vom Labor angegebenen Normalwert ist gleich ein Verschlag oder Muskelproblem. Erst wenn die Laborwerte ein mehrfaches der Normalwerte übersteigen, kann man wirklich von einem Verschlag sprechen. Werte darunter sind in der Regel Stress- oder Trainingsbedingt und dann nicht als krankhaft anzusehen.

 

Ursachen:

Das Problem beim Verschlag ist, dass bei dieser Erkrankung je nach Schweregrad gewaltige Mengen Muskelzellen zerfallen. Die Ursachen hierfür sind sehr mannigfaltig und komplex. Die alte, ursprünglich aus Schweden stammende Theorie der Übersäuerung der Muskulatur als Ursache des Verschlages ist inzwischen gründlich widerlegt. Sie geistert aber immer noch hartnäckig durch die Pferdeszene. Übrigens auch die auf dieser Theorie beruhende Behandlung mittels Infusion von Bicarbonatlösung ist, wie inzwischen eindeutig bewiesen, völliger Unfug.

Als Ursache für Verschlag werden nach neuen Forschungserkenntnissen mehrere verschiedene Muskelstoffwechselerkrankungen angesehen. Sie haben ursprünglich etwas komplizierte englische Bezeichnungen, da die Veröffentlichungen weitestgehend aus dem englischsprachigen Raum kommen. Die wichtigsten derzeit bekannten Erkrankungen sind: 

  • Sporadic exertional rhabdomyolysis (SER)
  • Chronic exertional rhabdomyolysis      
      •  mit zwei Unterformen

    • Reccurent exertional rhabdomyolysis (RER)
    • Polysaccharide storage myopathy (PSSM)

Wie aus den Bezeichnungen ersichtlich tritt die eine Erkrankungsform nur gelegentlich auf, die anderen beiden sind Dauerprobleme.

 

SER – sporadic exertional rhabdomyolosys

    Sporadischer akuter Kreuzverschlag

Die "harmloseste" Form des Kreuzverschlages ist diejenige, bei der keine Stoffwechselerkrankung als Ursache für den Verschlag zu Grunde liegt, denn ist bei Behandlung in er Regel heilbar.

Dies ist die sporadisch auftretende Form des Kreuzverschlages bzw . SER.  Hier trifft es hier vor allem Pferde, die zu schnell im Training gepuscht wurden, im klassischen Sinn überanstrengt wurden oder aber Pferde, die volle Pulle gefüttert aber nur gelegentlich belastet werden - dann aber gleich richtig. Gerade bei Distanz- und Buschpferden, die bis zur Erschöpfung geritten wurden, kommt es dann zu fürchterlichen Kreuzverschlägen. Auch wenn Pferde konditionell wegen einer durchgemachten Virusinfektion ( wie Herpes oder Influenza z.B. ) geschwächt sind und dann normal belastet werden, kann es zu solch einem Kreuzverschlag kommen. Bei diesen, eigentlich nur gelegentlich auftretenden Verschlägen, besteht durchaus Lebensgefahr, wenn der Muskelzerfall so groß ist, dass es zur Zerstörung der Niere kommt. Die Niere verstopft durch die Zerfallsprodukte der Muskulatur und die Pferde sterben an Nierenversagen.

 

Die chronischen Verlaufsformen RER und PSSM

Die von dieser Erkrankungsform geplagten Pferde haben alle ein Muskelstoffwechselproblem.

Bei vielen von ihnen reicht schon geringste Muskelaktivität, um einen Verschlag auszulösen. Selbst wenn vom Reiter alles richtig gemacht wird, die Fütterung stimmt, ein moderates aufbauendes Trainingsprotokoll eingehalten wird, werden diese Pferde während oder nach der Arbeit steif und sind oft nicht normal reitbar. Die Forschung hat inzwischen zwei verschiedene Stoffwechselerkrankungen identifiziert (vermutlich gibt es noch mehr). Beide sind vererbbar und in den verschiedenen Rassen in unterschiedlichem Ausmaß genetisch verankert. 

Vorneweg schon mal die schlechte Nachricht: Da es sich um Stoffwechselerkrankungen handelt, sind sie vom Grunde her nicht heilbar. Dies heißt aber nicht, dass man viel Pferde nicht doch irgendwie reiterlich managen kann. 

 

RER   - Reccurent Exertionel Rhabdomyolysis

    Wiederkehrender belastungsbedingter Verschlag

RER ist vor allem ein Vollblüter-Problem, kann aber als vererbliche Erkrankung natürlich auch bei Warmblütern und anderen Rassen auftreten. RER hat mit Stress zu tun und trifft vor allem die hypernervösen, überdrehten Tiere und da wiederum offensichtlich vermehrt die Stuten. Ganz alleine der Stress ist es dann aber auch nicht, denn die Menge der Kraftfutterration und Mineralstoffinbalancen kommen als zusätzliche Auslöser mit hinzu. Die übernervösen Tiere schwitzen meistens auch mehr als ihre stoischen Artgenossen. Der Elektrolytverlust ist entsprechend hoch. Fehlt dann der balancierte Ausgleich von Salz und Mineralstoffen, steigt die Verschlagsneigung bei empfindlichen Tieren sprunghaft an. Da reicht dann manchmal schon etwas Speisesalz zuzufüttern, um die Verschlagsneigung zu senken.

 

Leider ist es damit meist nicht getan, weil auch Verschiebungen des Calcium- Phosphor- Gleichgewichtes, ungenügende Vitamin E - oder Selenversorgung und andere Faktoren als Auslöser in Frage kommen.

Und nun kommen noch die Hormone ins Spiel. Denn Stuten sind wesentlich anfälliger für diese Spielart der  Erkrankung, was wohl mit den weiblichen Geschlechtshormonen zusammenhängt. Die entsprechenden Stuten sind dann besonders während der Rosse vermehrt gefährdet, weshalb man dann versucht, die Rosse und den Zyklus zu unterdrücken. Dies geschieht in der Regel durch die Gabe von Schwangerschaftshormonen.

 

Die klinischen Anzeichen bei chronischer RER sind in der Regel wesentlich milder als bei der sporadisch akuten Verlaufsform. Der Verlauf kann durchaus so sein, dass der unaufmerksame Reiter die Krankheit gar nichts bemerkt. Die Pferde sind einfach ein wenig steifer, schwitzen vermehrt und bringen nicht die erwartete Leistung. Viel mehr ist äußerlich nicht zu bemerken. Außerdem tritt das Problem eher auf, wenn die Pferde fit werden und im vermeintlich guten Trainingszustand sind.  Aufregung und Nervosität ist dann der Auslösefaktor, der zum Muskelzerfall führt. Bei RER handelt es sich also nicht um ein Überanstrengungsproblem. Wenn Reiter und/ oder Tierarzt nicht merken, dass RER im Hintergrund  abläuft und das Tag für Tag, wird die Muskulatur jedes Mal ein wenig mehr geschädigt, bis irgendwann einmal gar nichts mehr geht. RER hat wie bereits gesagt im Gegensatz zu SER (dem sporadischen akuten Verschlag) nichts mit Überanstrengung zu tun und kann außerordentlich leicht übersehen werden. Trotzdem kann es auch bei RER zu schweren Krankheitsfällen kommen.

Der einzig einfache Nachweis läuft über die Blutprobe, wo man dann dauerhaft erhöhte Muskelenzymwerte findet. Aber lassen Sie sich nicht in die Irre führen. Leicht erhöhte Werte sind nach Belastung völlig normal und haben nichts mit Krankheit zu tun. Für eine exakte Diagnose ist es sinnvoll einen Belastungstest durchzuführen, bei dem das Pferd aber nicht maximal ausbelastet wird. Die sicherste Diagnose lässt sich über eine Muskelbiopsie stellen, was einen kleinen operativen Eingriff in tiefer Sedation bedeutet. Japanische Forscher scheinen zwar die relevanten Gene identifiziert zu haben, einen Gen-Test gibt es aber noch nicht.

 

PSSM - Polysaccharid Storage Myopathie

    Kohlenhydratspeicherkrankeit

Die zweite chronische Stoffwechselerkrankung, die zum Verschlag führt, nennt sich auf englisch Polysaacharid Storage Myopathie (PSSM), was grob ausgedrückt eine Zuckerspeicherkrankheit ist. Auch diese Stoffwechselerkrankung ist vererblich in bestimmten Rassen verankert, besonders bei den typisch amerikanischen Rassen aber auch bei Kaltblütern und in gewissem Umfang auch bei Warmblutpferden. Im Gegensatz zum nervösen Typus der RER- Pferde sind PSSM- Pferde eher ruhig und tranig. Auch hier ist das Krankheitsbild sehr häufig nicht wirklich offensichtlich und vor allem als Verschlag nicht wirklich erkennbar. Die Pferde sind auffällig bewegungsunlustig, sind steif und energielos. Das Krankheitsbild ist meist ganz und gar nicht so, wie man sich einen klassischen Verschlag vorstellt, wo sich das Pferd nicht mehr von der Stelle rühren kann.  Erschwert wird die Erkennung bei den meisten Pferden dadurch, dass es ein Dauerzustand ist, der eben mal mehr oder weniger ausgeprägt ist. Bei manchen betroffenen Pferden sind die Symptome dann aber schon so stark, dass man deutlich den Verschlag sieht, bis hin zu lebensgefährlichen Episoden.

Die definitive Diagnose des akuten Schubes  wird auch hier wieder über die  Muskelenzyme gestellt. Bei vielen Pferden liegen die Werte schon im erhöhten Bereich, selbst wenn sie gar nicht gearbeitet werden. Nach einer viertel Stunde leichter Trabarbeit steigen die Muskelwerte um 1000 oder mehr Einheiten an. Für eine genaue Diagnose ist auch hier eine Muskelbiopsie anzuraten, mit der eine definitive Abklärung möglich ist. Der Hintergrund der Erkrankung ist eine ungewöhnlich hohe Aufnahme von Polysacchariden (Zuckern) in die Muskelzellen, die dort  gespeichert werden. Der Grund hierfür scheint eine erhöhte Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen zu sein. Warum der erhöhte Zuckerspeicher zur Erkrankung führt, ist bis heute nicht eindeutig aufgeklärt.

Inzwischen gibt es auch einen Gentest (DNA-Test) um eine Variante der PSSM nachzuweisen bei er das GSY1 Gen verändert ist. Der Gentest ist für PSSM Typ I spezifisch,  PSSM des Typ II muss weiterhin über eine Muskelbiopsie abgeklärt werden.

PSSM wird autosomal-dominant vererbt, was  bedeutet, dass bereits ein verändertes Allel zu dieser Erkrankung führt. Die Schwere der Erkrankung nimmt zu, wenn das  Pferd zwei betroffene Allele besitzt. bzw. reinerbig ist. In diesem Fall wird die Erkrankung zu 100% an die Nachkommen weitergegeben.

Nicht jeder Träger der Mutation muss auch an einer klinisch bemerkbaren PSSM erkranken.  Und Vorsicht: Wenn der DNA-Test negativ ist, kann das Pferd immer noch PSSM vom Typ II haben. Der DNA-Test wir über Blut- oder Haarproben durchgeführt.
 

Therapie

Die Therapie zielt wie immer bei jeder Erkrankung erst einmal darauf ab, nach Möglichkeit die Ursache abzustellen. Beim akuten Verschlag, der nicht auf einer Stoffwechselerkrankung beruht (SER), ist das Rennen im wahrsten Sinne des Wortes bereits gelaufen. Die Ursache, nämlich die Überanstrengung, hat bereits stattgefunden. Hier geht es darum, primär die  unter Umständen lebensbedrohlichen, akuten Krankheitserscheinungen des Kreuzverschlages zu behandeln.

Bei den Stoffwechselerkrankungen, bei denen die akuten Kreuzverschlagssymptome im Hintergrund stehen, geht es dann schon mehr darum, die ursächliche Störung zu „managen“. Managen deswegen, weil eine Stoffwechselerkrankung ja nicht heilbar ist. Die Grundlage des Managements ist neben einem gezielte Bewegungsprogramm eine spezielle Diät. Die Diät zielt vornehmlich darauf ab, die frei verfügbaren Kohlenhydrate bzw. Zucker in der Fütterung zu minimieren und dafür in Form von Fett zu ersetzen. Neben speziellen mit Fett angereicherten Futtermitteln, die für solche Pferde konzipiert sind, arbeitet man am besten mit Speiseöl vom Discounter um die Ecke. Es sei aber dringend geraten, sich diesbezüglich von einem Tierarzt oder kompetenten Futtermittelfachmann beraten zu lassen, da man gerade hier bei der Fütterung viel falsch machen kann.

Generell ist eine Zufütterung von Vitamin E und Selen sinnvoll, wobei man aber streng darauf achten muss, dass keine Überdosierung erfolgt, die zu Vergiftungserscheinungen führen könnte.  Viele der heutigen Futtermittel und Futterzusätze sind Vitamin E und Selen angereichert, so dass bei der zusätzlichen Gabe eines speziellen Vitamin E und Selenproduktes eine Vergiftung nicht auszuschließen ist. Ganz generell sind häufige kleine Futterrationen für das Pferd besser und natürlich viel Raufutter in Form von Heu.

Der zweite therapeutische Ansatz liegt beim Bewegungsmanagement. Beim sporadisch auftretenden akuten Verschlag (SER) ist eigentlich nichts spezielles zu beachten. Sofern Sie Ihr Pferd vernünftig bewegen, das heißt nicht bei voller Fütterung stehen lassen und nicht plötzlich übermäßige Leistung abfordern, wird nichts passieren. Bei den Stoffwechselkrankheiten sieht es anders aus. Bei den hypernervösen RER- Pferden kann es sinnvoll sein, sie vor der Arbeit etwas zu sedieren oder eine Langzeitsedierung zu veranlassen. Sie sollten alles Ihnen mögliche tun, um das Umfeld des Pferdes und das eigentliche Reiten so stressfrei wie möglich zu gestalten. Bei RER und PSSM sollten die Bewegungseinheiten  möglichst immer gleich sein, ohne Stehtag und sonstige Pausen. Diese Pferde zum auskurieren stehen zu lassen, ist absolut falsch und schädlich. Am besten ist für diese Pferde, wenn sie in einer Offenstallhaltung mindestens zwölf Stunden am Tag die Möglichkeit haben, sich frei zu bewegen. Wenn Sie dann noch einen Kaltstart beim Reiten vermeiden, haben Sie eigentlich schon alles getan, womit Sie bei den gefährdeten Pferden vorbeugen können.

 

SER

RER

PSSM

Auftreten

sporadisch

chronisch

chronisch

Verlauf

akut

schleichend

schleichend

Schweregrad

mild bis hochgradig

meist mild bis schwer erkennbar

meist mild bis schwer erkennbar

Ursache

Belastung nach Ruhetag mit voller Fütterung

Vererbliche Stoffwechselstörung mit Anfälligkeit auf Stress

Stoffwechselstörung mit übermäßiger Einlagerung von Zucker in Muskulatur

Auslöser

Überlastung und Überversorgung mit Kohlehydraten

Stress und Hypernervosität bei ganz normaler Arbeit

Ganz normale Arbeit

Therapie

Akutversorgung (Notfall)

Kohlenhydrate in der Ration z. T. durch Fett (Speiseöl) ersetzen

Kohlenhydrate in der Ration z. T. durch Fett (Speiseöl) ersetzen

Vorsorge

Vernünftig und gleichmäßig belasten, keine Überfütterung wenn nicht gearbeitet wird

Immer geichmäßig  und regelmäßig belasten. Möglichst viel Auslauf. Jeglichen Stress vermeiden, Vit E u. Selen zufüttern

Immer geichmäßig  und regelmäßig belasten.  Möglichst viel Auslauf. Vit E u. Selen zufüttern

 

Was tun beim akuten Verschlag?

Sie befinden sich auf einem Ausritt im Wald und das Pferd wird plötzlich steif und kann sich nicht mehr bewegen.

  • Erstens Ruhe bewahren.
  • Zweitens einen Pferdehänger über das Handy oder einen Mitreiter organisieren und den Tierarzt benachrichtigen.
  • Drittens beobachten wie sich das Pferd verhält, wenn Sie es ganz ruhig an der Hand führen.

 

Wird die Symptomatik besser, dann führen Sie weiter an der Stelle, wo man Sie abholen wird. Wird das Pferd steifer, dann bleiben Sie unbedingt stehen. Wenn es kalt ist werden die Pferde eher abgedeckt, wenn es sehr heiß ist wird nach Möglichkeit gekühlt.

 

Im Stall angekommen überprüfen Sie nochmals, ob Führen an der Hand ein positive Wirkung hat. Das Ziel ist die Muskulatur besser zu durchbluten, wenn sich der Krampf löst. Wenn es nicht geht, dann in der Box stehen lassen.

 

Der Tierarzt wird das Pferd  entzündungshemmend behandeln (z. B. Equipalazone), Medikamente zur Verbesserung der Durchblutung der Muskulatur geben (Vetranquil – eigentlich ein Beruhigungsmittel, das als Nebenwirkung stark Blutdruck senkend wirkt). Der von früher her bekannte Aderlass gehört in die Ära, als es noch keine Medikamente gab. Je nach Sachlage wird der Tierarzt große Mengen Flüssigkeit infundieren, um die Niere zu „spülen“ und einen Nierenschaden zu verhindern. Die Behandlung kann sich durchaus über mehrer Tage erstrecken.

In der Erholungsphase ist Wärme für die Muskulatur gut. Ideal ist ein Solarium, aber auch ein Provisorium mit Ferkellampen aus dem Landwahrenhandel kann den Zweck erfüllen. Einreibungen mit Franzbranntwein, Kampferspiritus oder Absorbine heizen zwar die Haut auf, haben aber auf die Muskulatur in 10 bis 20 cm Tiefe keine Auswirkung. Wenn es Sie beruhigt schadet es aber auch nicht.

Erst wenn die Muskelwerte wieder im Normbereich liegen dürfen Sie wieder mit der Arbeit beginnen. Bis dahin wird das Pferd geführt.

 

Alternative Behandlung

Einen akuten Verschlag alternativ zu behandeln kann tödlich sein! Hier ist in der Regel energisches medizinisches Einschreiten notwendig.

In der Heilphase können alternative Verfahren eingesetzt werden. Mit Akkupunktur kann man Muskelschmerzen lindern und die Muskulatur entspannen. Manuelle Therapie und Magnetfelddecken helfen die Muskeln zu lockern.

 

 

Anmerkung zur Interpretation von Blutprobenresultaten

Bei der Interpretation von Blutproben gibt es häufig Differenzen. Wenn Sie  glauben, dass man mit der üblichen Blutprobe alles  ganz einfach abklären kann, dann haben Sie weit gefehlt.

Was das Muskelenzym Creatinkinase (CK) und andere Enzyme betrifft sind leichte Erhöhungen völlig normal, wenn das Pferd im Training ist oder sonst belastet wird. Die verschiedenen Ursachen kann man sowieso nicht über die Blutprobe auseinanderhalten. 

Etwaige Mineralstoffinbalancen lassen sich über die Blutprobe auch nicht so eindeutig feststellen. Solange irgend möglich versucht der Organismus im Blut die Werte im Normbereich zu halten. Inbalancen oder Mangelerscheinungen treten daher im Blut erst relativ spät auf, wenn der Mangel so groß ist, dass der Blutwert nicht mehr gehalten werden kann. Was wirklich passiert, sieht man an der Harnprobe. Die Niere ist das Filter- und Regulationsorgan, das im großen und ganzen den Elektrolyt- und Mineralstoffhaushalt regelt. Bei Überschuss im Körper wird ausgeschieden und das kann man im Urin dann wiederum sehen. Bei Mangelerscheinungen wird gespart. Dann wird entsprechend wenig oder nichts ausgeschieden, was man auch wiederum im Urin sehen kann. Wenn man also Mineralstoff- und Elektrolytinbalancen aufspüren will, muss man eine Harnprobe nehmen und diese untersuchen, gegebenenfalls mit einer Blutprobe vergleichen.

 


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