Bronchodilatoren

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Anticholinergika

Die Muskulatur der Bronchen ist stark mit muscarinergen Rezeptoren des parasympatischen Nervensystems versehen und reagiert daher auf cholinerge Stimulation mit starker Bronchokonstriktion. Cholinerge Stimulation ist die Hauptmechanismus der Bronchokonstriktion bei RAO bzw Dämpfigkeit. Die Blockade der parasympatischen Stimulation verhindert daher Bronchokonstriktion.

Das klassische Anticholinergikum und der potenteste Entkrampfer der Atemwege ist Atropin. Atropin hat beim Pferd zu starke Nebenwirkungen (Kolik), als daß es sinnvoll eingesetzt werdn könnte.

Ipatropium bewirkt Bronchodilation, vermindert den Hustenreiz und beugt Bronchokonstriktion vor. Wenn es inhalativ berabreicht wird, gelangt es nicht in den Kreislauf und hat daher kaum Nebenwirkungen. Die Verabreichung erfolgt über Ultrachellvernebelung (2-3µg/kg), dry powder inhaler (200µg/100kg) oder MDI (180-360µg/500kg). Die Wirkung tritt nach ca. 15-30 Minuten ein und hält für 4-6 Stunden an. Im Gegensatz zu ß2-Mimetika helfen sie wenig, wenn sie zur Bronchialweitstellung für die Arbeit bzw vor Belastung gegeben werden. Dies beruht darauf daß ß2-Mimetika die kleinen Bronchiolen relaxieren, während Anticholonergika die größeren zentralen Bronchien offen halten. Aus diesem Grund ist auch die Kombination von beiden Präparategruppen sehr sinnvoll. Wie die meisten Medikamente ist Ipatropium für das Pferd nicht zgelassen.

ß2-Mimetika

Die zweite Gruppe der entkrampfenden Medikamente sind die sogenannten ß2-Mimetika, die ihre Wirkung über eine direkte Stimulation der ß2-Rezeptoren an den Atemwegen erreichen. Diese Medikamente haben zusätzlich eine positive Wirkung indem sie die Schleimproduktion verringern, den Schleimabtransport beschleunigen, und die Produktion von Entzündungsbotenstoffen bremsen. Zu dieser Gruppe gehört Clenbuterol (Ventipulmin 0,8-3,2µg/kg BID) das über das Futter verabreicht werden kann. Wer Nebenwirkungen vermeiden will, muß auch hier vernebeln. Ventipulmin läßt sich schlecht vernebeln, die Vielzahl der humanmedizinischen Sprays helfen aber auch beim Pferd. Ventipulmin kann im Notfall auch intravenös (0,8µg/kg BID) verabreicht werden.

Die inhalative Anwendung der ß2-Mimetika ist besonders auch zur Öffnung der Atemwege vor Administration von anderen Aerosolen wie Kortison oder Mastzellstabilisatoren und als Test für die Reversibilität von Atemwegsobstruktion sinnvoll. Die alleinige Gabe von ß2-Mimetika ohne entzündungshemmende Grundtherapie (Kortison) ist im fortgeschrittenen Stadium einer RAO in der Regel nicht sinnvoll, da zum einen mit der Zeit eine Gewöhnung und damit ein Nachlassen der Wirkung eintreten kann, zum anderen die entzündliche Ursache nicht behandelt wird. Ohne gezielte aber zeitlich begrenzte entzündungshemmende Grundtherapie mit Kortison wird zwar der augenblickliche Zustand durch das ß2-Mimetikum verbessert (das Pferd bekommt besser Luft), es kommt aber nicht zu einer Verbesserung der Grundsituation. In der akuten Phase einer Verschlechterung des Krankheitsbildes nach Staubexposition wurde auch für das ß2-Mimetikum Ventipulmin selbst eine entzündungshemmende Wirkung nachgewiesen, womit der Einsatz von Ventipulmin in jedem Fall sinnvoll ist.

Albuterol sulfat ( 360- 900µg) und Pirbuterol acetat (600µg) haben einen schnellern Wirkungseintritt, die Wirkdauer beträgt 1- 3 Stunden. Die Dosis bezieht sich auf das Aerosol, bei systemischer Gabe ist die10- fache Dosis notwendig bei erheblichen Nebenwirkungen

Salmeterol (210µg) hat eine ähnliche Eigenschaften wie Albuterol aber bei wesentlich längerer Wirkungsdauer (6-8 Stunden), ist 10- fach wirksamer und hat zusätzlich entzündungshemmende Wirkung.

Gelegentlich kann es zu paradoxer Brochoconstriktion nach Aerosol- ß2-Mimetikagabe kommen. In diesem Fall ist dann das Präparat zu wechseln.

Methylxantine

Zur dritten Substanzgruppe -den Methylxantinen- gehört Theophyllin (Euphyllin 1mg/kg QID), das früher häufig beim Pferd eingesetzt wurde, aber vom Markt verschwunden ist, da sich eine Zulassung für die Pharmaindustrie nicht rechnet. Obwohl es bei der RAO sehr gut hilft, ist es beim Pferd schwer ohne Nebenwirkungen dosierbar. Theophyllin führt vor allem zu Nervosität und leichter Erregbarkeit. Der Vorteil liegt darin, daß man es verfüttern kann.


Der Autor übernimmt ausdrücklich keine Haftung für aus diesen Seiten abgeleitete Maßnahmen, für angegebene Dosierungen, Nebenwirkungen oder Schäden in Folge der Anwendung von Präparaten oder Maßnahmen. Die Dosierung ist im Einzelfall zu prüfen. Die Präparate dürfen nur von Tierärzten angewandt werden. Die Zulassung der Präparate für das Pferd ist im Einzelfall zu prüfen. Nicht für das Pferd und für die jeweilige Indikation zugelassene Medikamente anzuwenden ist strafbar.


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