Kortison

Verfasser der Artikel ist soweit nicht anders vermerkt Dr. C. A. Bingold, Pferdeklinik Großostheim

Da entzündliche und immunologische Prozesse für die chronisch bronchokonstriktorischen Zustände bei der RAO verantwortlich sind und das Immunsystem in einer schädlichen Art und Weise mitspielt, ist der Einsatz von Kortison eine logische Konsequenz. Für die Therapie der IAD sind Kortisonpräparate meist noch nicht nötig. Kortison wird vor allem dann notwendig, wenn die anderen Maßnahmen nicht helfen oder nicht ausreichen. Es macht aber wenig Sinn die Pferde mit Kortison vollzupumpen, wenn die Ursache nicht behoben wird. Kortison ist in Verruf geraten, da es bei unsachgemäßer Anwendung erhebliche Nebenwirkungen (Hufrehe,...) haben kann. Bei richtiger und zeitlich begrenzter Dosierung im Sinne einer ausschleichenden Intervalltherapie, wie sie auch in der Humanmedizin angewandt wird, braucht man sich bei Großpferden vor Nebenwirkungen nicht zu fürchten. Vorsicht ist angebracht bei Ponys sowie Pferden, die zu Hufrehe neigen. Langzeitpräparate sind gefährlich, da sie wesentlich eher Nebenwirkungen verursachen und wenn einmal verabreicht, auch nicht mehr kontrolliert werden können. Kurzzeitpräparate können jederzeit abgesetzt werden.

Eine elegante Möglichkeit Nebenwirkungen zu umgehen ist der Einsatz humanmedizinischer Kortisonsprays (Fluticason, Beclomethason). Da die Wirkung auf die Lunge beschränkt bleibt, treten allgemeine Nebenwirkungen nicht auf. Die Rehegefahr und Nebennierensuppression ist daher minimiert.

Aerosoltherapie ist nur dann sinnvoll, wenn die Atemwege soweit offen sind, daß Aerosol auch die tieferen Anschnitte der Lunge in ausreichenden Konzentrationen erreicht. Das heißt bei schwer mit RAO erkrankten Pferden ist Aerosoltherapie relativ ineffizient. Hier kann nur systemische Gabe von Kortison entsprechende Wirkspiegel in der Lunge erzeugen, um eine ausreichende therapeutische Wirkung zu verursachen.

Kortisonpräparate erzielen ihre Wirkung über verschiedene Effekte. Sie bremsen den Einstrom von Entzündungszellen und die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen, sie schützen die Atemwegsrezeptoren und verhindern somit Atemwegsverkrampfungen und außerdem reduzieren sie die Schleimproduktion. Kortisonpräparate zeigen erst nach 24- 72 Stunden eine durchschlagende Wirkung auf die Lungenfunktion.

Aerosolverabreichung:

Fluticasone (2000 µg; BID) ist das potenteste und am längsten wirksame Präparat bei relativ langer Verweildauer in der Lunge und minimalen systemischen Wirkspiegeln, daher praktisch keine systemischen Nebenwirkungen.

Beclomethasone (500-1500µg, BID) hat stärkere systemische Nebenwirkungen als Fluticasone. Flunisolide ist das am wenigsten wirksamste aber auch kostengünstigste Präparat und hat die kürzeste Lungenverweildauer. Flunisolide entspricht in etwa der Wirksamkeit von Triamcinolone, wird wesentlich stärker systemisch resorbiert, mit entsprechend höherem Risiko von Nebenwirkungen. Der Wirkungseintritt erfolgt nach ca. 24 Stunden.

Orale Gabe:

Prednison oral verabreicht ist wirkungslos

Prednisolon (der biologisch aktive Metabolit von Prednison) kann nach Prednisongabe nicht in therapeutisch wirksamen Konzentrationen nachgewiesen werden. Die einmal tägliche systemische Gabe von Prednisolon scheint auf Grund der kurzen Halbwertzeit von Prednisolon auch nur sehr begrenzt zu sein. Es gibt aber Prednisolonmodifikationen mit erheblich längerer Wirkdauer.

Systemische Verabreichung:

Triamcinolon (Dosis 0,09 mg /kg) intramuskulär hat sehr starke und ca. 4 Wochen andauernde Wirkung, die Nebennierensupression beträgt aber ebenfalls ca. 4 Wochen. Wegen Rehegefahr nur im Ausnahmefall bei sonst aussichtslosen Fällen anzuwenden.

Dexamethasonenatriumphosphat (0,1 mg/ kg IV SID) und Dexamethason 21-isonicotinat (0,04 mg/ kg IM , alle 3 Tage) verbessert die Atemwegsobstruktion binnen 3 Tagen, maximaler Effekt nach 7 Tagen. Die Supressionen der Nebennierenrinde nach Dexamethasonnatriumphosphat hält etwa 3 Tage an.

Wegen der circadianen Rythmik von endogener Kortisolproduktion sollte Kortison nach Möglichkeit am Nachmittag bzw. späten Abend verabreicht werden, um den Kortisolhaushalt möglichst wenig zu stören. (Flunisolide 19.00Uhr, Fluticasone 16.00Uhr) Es ist zu überlegen, ob die zweimalige Gabe von Kortisonpräparaten auf eine Nachmittagsgabe beschränkt wird.


Der Autor übernimmt ausdrücklich keine Haftung für aus diesen Seiten abgeleitete Maßnahmen, für angegebene Dosierungen, Nebenwirkungen oder Schäden in Folge der Anwendung von Präparaten oder Maßnahmen. Die Dosierung ist im Einzelfall zu prüfen. Die Präparate dürfen nur von Tierärzten angewandt werden. Die Zulassung der Präparate für das Pferd ist im Einzelfall zu prüfen. Nicht für das Pferd und für die jeweilige Indikation zugelassene Medikamente anzuwenden ist strafbar.


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